Übergangsregelung zur Sozialversicherungspflicht von Lehrkräften
Die sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Beschäftigung von Honorarkräften weist über die letzten Jahre kontinuierlich in eine Richtung, nämlich zur Feststellung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses.
Im Sommer 2022 hat das Bundessozialgericht für eine auf Honorarbasis beschäftigte Lehrerin an einer Musikschule eine abhängige Beschäftigung angenommen („Herrenberg-Urteil“ vom 28.6.2022, Az. B 12 R 3/20 R). Die Entscheidung war vor dem Hintergrund der Entwicklung der Rechtsprechung letztlich wenig überraschend.
Wird im Rahmen einer Sozialversicherungsprüfung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis festgestellt, sehen sich Unternehmen häufig hohen, nicht selten existenzbedrohenden Nachforderungen ausgesetzt. Ferner folgen in der Regel Strafverfahren für die verantwortlichen Personen (§ 266a StGB). Infolge des Urteils haben die Sozialversicherungsträger ihre Beurteilungsmaßstäbe bei der Feststellung des Erwerbsstatus von Lehrkräften – abhängige Beschäftigung oder Selbständigkeit – geändert. Bildungseinrichtungen sahen sich daher zuletzt hohen Nachforderungen durch die Sozialversicherungen ausgesetzt. Betroffen waren von der Entscheidung nunmehr naturgemäß auch eine Vielzahl an Bildungseinrichtungen in öffentlicher Trägerschaft, wie z.B. Universitäten. Wohl auch vor diesem Hintergrund (honi soit qui mal y pense) hat der Bundestag am 30.1.2025 „gut versteckt“ im Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR und zur Änderung weiterer Vorschriften eine Übergangsregelung beschlossen, die eine sozialversicherungsfreie Beschäftigung bis Ende des Jahres 2026 ermöglicht.
Der Bundesrat stimmte den „…an sich sachfremden Ergänzungen…“ aufgrund der „…gesamtgesellschaftlichen Bedeutung…“ (Zitate aus dem Beschluss) übergangsweise am 14.2.2022 zu.
Mit dieser Übergangsregelung gewinnen die Bildungsträger Zeit, sich bis Ende 2026 auf die neuen Rahmenbedingungen einzustellen und gegebenenfalls ihre Organisationsmodelle anzupassen.
Die Rentenversicherungsträger werden in der Übergangsphase voraussichtlich keine Betriebsprüfungen bei den Bildungsträgern und Hochschulen durchführen, obwohl das Gesetz sie nicht ausdrücklich dazu verpflichtet, diese zu unterlassen. Nach der gesetzlichen Neuregelung von § 127 SGB IV besteht die Möglichkeit, bis Ende 2026 ein Vertragsverhältnis weiterhin als selbstständig und damit sozialversicherungsfrei zu behandeln, auch nachdem die Deutsche Rentenversicherung in einer Prüfung zu dem Schluss gekommen ist, dass eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt. Voraussetzung ist, dass
- die Vertragsparteien bei Vertragsabschluss übereinstimmend von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen sind und
- die Person, die die Lehrtätigkeit ausübt, zustimmt.
In diesem Fall tritt Sozialversicherungspflicht erst ab dem 1.1.2027 ein. Es gibt jedoch keine Verpflichtung der Lehrkraft, der Sozialversicherungsfreiheit zuzustimmen.
Mit der Übergangsregelung gewinnen Bildungsträger nunmehr Zeit und Rechtssicherheit. Dies ist zu begrüßen. Es verbleibt allerdings ein gewisser Beigeschmack, dass nunmehr gerade in dieser Konstellation eine gesetzliche Regelung geschaffen wird, nachdem auch eine Vielzahl an öffentlichen Einrichtungen und Trägern betroffen sind. Üblicherweise sind die aufgrund der unzureichenden gesetzlichen Regelungen bestehenden erheblichen Unsicherheiten und Risiken bei der Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status von Honorarkräften durch die Unternehmen zu schultern.