Kann der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung infolge Krankheit nicht erbringen, so hat er grundsätzlich Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz.
Das Gesetz unterscheidet dabei nicht nach der Art der Beschäftigung. Einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben daher nicht nur Voll- und Teilzeitbeschäftigte, sondern insbesondere auch geringfügig Beschäftigte, Werkstudenten oder Ferienjobber. Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis bereits länger als vier Wochen ununterbrochen besteht (sogenannte Wartezeit). Erkrankt ein Arbeitnehmer vor Ablauf der Wartezeit, so erhält er in der Regel Leistungen seiner Krankenkasse.
Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn es dem Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung nicht möglich ist, zu arbeiten. Nicht jede Erkrankung begründet daher auch gleichzeitig eine Arbeitsunfähigkeit. Es kommt vielmehr darauf an, dass der Arbeitnehmer die nach seinem Arbeitsvertrag konkret geschuldete Tätigkeit aufgrund der Krankheit nicht erbringen kann. Dies kann je nach Art der Tätigkeit unterschiedlich zu beurteilen sein.
Der Zeitraum der Entgeltfortzahlung beträgt pro Erkrankung in der Regel maximal sechs Wochen. War der Arbeitnehmer wegen derselben Krankheit bereits zuvor arbeitsunfähig und hat Entgeltfortzahlung erhalten, so werden die Vorerkrankungszeiten angerechnet. Beispiel:
War der Arbeitnehmer im März zwei Wochen arbeitsunfähig und tritt dann im Juni erneut Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit ein, so erhält der Arbeitnehmer weitere Entgeltfortzahlung nur für maximal vier Wochen.
Eine Anrechnung findet jedoch nicht statt, wenn der Arbeitnehmer
- vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder
- seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.
Wird der Arbeitnehmer im genannten Beispiel also erst im November wieder wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig, so hat er erneut Anspruch auf Entgeltfortzahlung für sechs Wochen.
Handelt es sich hingegen nicht um dieselbe Krankheit, so findet eine Anrechnung nicht statt. Erhält der Mitarbeiter also im April Entgeltfortzahlung und ist im Juni wegen einer anderen Krankheit erneut arbeitsunfähig, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung für volle sechs Wochen.
Grundsätzlich ist es sogar möglich, dass ein Arbeitnehmer über den Zeitraum von sechs Wochen hinaus Entgeltfortzahlung erhält, wenn er wegen zweier unterschiedlicher Krankheiten arbeitsunfähig ist. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Erkrankungen nicht überlappen. Sonst gilt der Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls. Die erste Erkrankung muss also vollständig ausgeheilt sein, bevor die zweite Erkrankung auftritt. Dass sich die, die Arbeitsunfähigkeit begründenden, Krankheiten nicht überschnitten haben, muss im Streitfall der Arbeitnehmer beweisen. Ein solcher Nachweis ist jedoch oft schwer zu führen.
Darüber hinaus muss die Krankheit alleinige Ursache für die Arbeitsunfähigkeit sein. Hat die Arbeitsunfähigkeit neben der Krankheit noch weitere Ursachen, besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz.
Schließlich darf den Arbeitnehmer kein Verschulden an der Arbeitsunfähigkeit treffen. Ein solches liegt jedoch nur in Ausnahmefällen vor, beispielsweise wenn sich der Arbeitnehmer bei der Ausübung einer Extremsportart verletzt.
Ist die Arbeitsunfähigkeit auf das Verschulden eines Dritten zurückzuführen, z.B. im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall, so ist der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet, Auskunft zu der Person des Schädigers sowie zum Unfallhergang zu erteilen.
Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung, so erhält er während der Arbeitsunfähigkeit ein Entgelt, welches sich nach dem ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelt berechnet. Ist auf das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag anwendbar, so kann sich aus diesem eine andere Bemessungsgrundlage ergeben.
Die Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes finden auf alle Arbeitsverhältnisse zwingend Anwendung. Eine Abweichung zu Ungunsten des Arbeitnehmers ist unwirksam. Abweichungen zu Gunsten des Arbeitnehmers sind hingegen zulässig und können sich im Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung Berücksichtigung finden.
Ist der Arbeitnehmer arbeitsunfähig, treffen ihn die Anzeige- und Nachweispflichten des § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz. Die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer müssen dem Arbeitgeber unverzüglich mitgeteilt werden. Dies gilt auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer bereits arbeitsunfähig ist und die Arbeitsunfähigkeit über den dem Arbeitgeber mitgeteilten Zeitpunkt hinaus fortbesteht.
Erkrankt der Arbeitnehmer im Ausland, so muss er dem Arbeitgeber darüber hinaus die Adresse im Ausland mitteilen, unter der er sich aufhält. Ist der Arbeitnehmer gesetzlich versichert, so muss er die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer außerdem bei seiner Krankenkasse anzeigen. Seine Rückkehr nach Deutschland muss der Arbeitnehmer sowohl dem Arbeitgeber, als auch der Krankenkasse unverzüglich mitteilen.
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage an, so ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber spätestens am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Der Arbeitgeber kann die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung jedoch bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit verlangen. Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch bei seiner Krankenkasse einzureichen.
Eine von einem ausländischen Arzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit nur dann geeignet, wenn sie erkennen lässt, dass der Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit einer Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterscheidet. Ist die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt in einem EU-Mitgliedsstaat ausgestellt, so gilt diese Anforderung als erfüllt.
Die Anzeige- und Nachweispflichten des § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz gelten auch über das Ende der Entgeltfortzahlung hinaus fort.
Kommt der Mitarbeiter seinen Anzeige- und Nachweispflichten nicht oder nicht im erforderlichen Umfang nach, so ist der Arbeitgeber berechtigt, die Entgeltfortzahlung zurückzuhalten, bis ihm alle erforderlichen Nachweise vorliegen.
Darüber hinaus ist der Arbeitgeber berechtigt, Verstöße des Mitarbeiters gegen die Anzeige- und Nachweispflichten abzumahnen. Verstößt der Mitarbeiter wiederholt und trotz entsprechender Abmahnungen gegen seine Anzeige- und Nachweispflichten, kann dies sogar eine Kündigung rechtfertigen.